Die Theaterstücke

EIN VOLKSFEIND

Nach der Fabel von Ibsens "Volksfeind" von 1888 verfasste Rainer Erler ein neues Werk. Ein Bühnenstück mit dem Schwerpunkt auf einen exemplarischen Umweltskandal und die politische Korruption unserer Tage.

Die FAZ schrieb dazu:
Neben seinen erfolgreichen, zukunfts- und gegenwarts-kritischen Filmen wie "Reise in eine strahlende Zukunft", "Fleisch", "Plutonium" und "Das schöne Ende dieser Welt" ordnet sich Rainer Erlers "Ein Volksfeind" thematisch wie auch formal widerspruchslos in sein Gesamtwerk ein.

Bisher 400 Vorstellungen in Stuttgart, Marburg, Hannover, St.Pölten, Bruchsal, Hof, Regensburg und 3 Tourneen. Ins Arabische übersetzt wurde "Ein Volksfeind" von Ahmed Abbass Al-Jeburey.


DER REVISOR

Frei nach der Komödie von Nikolaj Gogol

Rainer Erler, dem Gegenwart und Zukunft bekanntlich näher liegen als eine Biedermeier-Posse, hat das Sakrileg begangen, nach Nikolaj Gogols klassischer, wenn auch reichlich angestaubter Komödie, einen neuen "REVISOR" zu schreiben, der im ‘nach-kommunistischen’ Rußland angesiedelt ist, also heute.

R.E.: "Es ist nahezu unmöglich, über den Zusammenbruch des realen Sozialismus keine Satire zu schreiben".

Neben dem Schauspiel entstand auch eine 'Musical-Version' mit über 30 Gesangstexten nach altbekannten russischen Volksliedern, mal sentimental, mal verswingt, mal verjazzt, und stets mit aktuellen Zeitbezügen.

(Uraufführung Januar 1997 in Schweinfurt anschließend 2 Tourneen, zuletzt St.Pölten und Cottbus)


PLUTONIUM

Ein Dokumentarspiel

In einem Land der Dritten Welt sind aus einer Wiederaufarbeitungsanlage 40 bis 50 Kilogramm reines, waffenfähiges Plutonium entwendet worden - genügend Material für vier bis fünf Bomben vom Hiroshima-Typ.

Das Dokumentarspiel für die Bühne nach dem gleichnamigen, international preisgekrönten Film, erhält seinen aktuellen Bezug durch die erschreckenden Meldungen der jüngsten Gegenwart, aus Indien und aus Pakistan, Alpträume, die uns auch noch in das nächste Jahrtausend begleiten werden.

Die Uraufführung erfolgte im November 1996 in Meiningen


DIE ORGIE

Eine hochmoralische Kömödie für zwei Paare in den besten Jahren, um die Lüsternheit netter Bürger vorzuführen.

Dorothee läßt sich auf die schamlosen Begierden von Ehemann Klaus-Rüdiger nur widerstrebend ein. Er hatte auf eine eindeutig-zweideutige Kontaktanzeige geantwortet und nun steht das Treffen mit dem anderen Paar bevor. Doch irgendwie läuft die Sache nicht planmäßig. Es kommt zu Mißverständnissen, Anzüglichkeiten und Eifersüchteleien, doch letztlich kommt dann doch noch jeder auf seine Kosten.

(Bisher 300 Vorstellungen in Stuttgart, Kassel, Ludwigshafen und bei 2 Tourneen.)


DIE ZWEITFRAU

Eine höchst unmoralische Komödie mit pikanten Verwechslungen und totalem Chaos als Lebenshilfe für die Fälle ehelicher Untreue.

"Die Monogamie", sagt Yvonne aus der Erfahrung ihrer zweiundzwanzigeinhalb glücklichen Ehejahren, "scheint im Schöpfungsplan nicht vorgesehen zu sein." Und um die offenbar unvermeidlichen Seitensprünge ihres Gatten, des Dr. phil. Hermann Klein, einigermaßen unter Kontrolle zu bringen, beschließt sie eines Tages, seine gerade aktuelle Affaire zu legalisieren. Jetzt beginnt eine höchst turbulente Geschichte voller Irrungen und Verwirrungen...

Alle Aufführungsrechte bei Ahn & Simrock, Theater- und Musikverlag
Deichstr. 9, 20459 Hamburg, Tel: 040-300 66-780; fax: -789






Gespräch des Theaterverlegers Per H. Lauke mit Rainer Erler

Über vierzig Filme, viele davon mit Preisen überhäuft auf nationalen und internationalen Festivals, vom Autor selbst inszeniert und produziert in über dreißig Ländern, vierzehn Romane und nun fünf Theaterstücke, Dramen und Komödien, die alle eines verbindet: Rainer Erler konfrontiert sein Publikum mit heißen Themen. Frage an den Autor: Warum so engagiert?

Ich fühle mich verpflichtet, aufzuzeigen was geschieht, was geschehen könnte, was nicht geschehen sollte, und vieles was ich sehe, in unserer Gesellschaft, in unserer Zeit, erfüllt mich mit Zorn.

Also nicht ‘Blick zurück’ - nein: Blick voraus im Zorn...?

Ich meine das im Ernst: Zorn und Furcht und Bestürzung. Aber auch Hoffnung und Vertrauen darauf, daß man gehört wird und daß die, die zugehört haben, etwas verändern werden.

Veränderungen? Zum Guten? Durch ein Spiel? Ein Spiel auf der Bühne?

Das Theater als moralische Anstalt? Warum nicht. Heute mehr denn je. Denn das Bedürfnis nach trivialer Unterhaltung wird durch andere Medien ja weitgehend erfüllt. Das Theater unserer Tage hat seinen besonderen Anspruch ja fraglos erkannt. Auch seine einmalige Chance: Denn der Zuschauer kommt ja freiwillig - nicht zufällig durch das Zappen durch zwei Dutzend Programme - in den Bannkreis eines Dramas, das, wie jedes Drama, auch ihn persönlich betrifft.

Zwei Top-Themen unserer Zeit: Umweltskandal und politische Korruption: "Ein Volksfeind" - Ibsen oder Erler?

Von Ibsen die Grundidee, die Fabel, und die perfekte, dramaturgische Konstruktion (die ich auch im Unterricht an der Münchner Hochschule für Film und Fernsehen zitiere). Von Erler das Stück, die Sprache von heute, der Konflikt von heute, die Figuren von heute - in der Maskierung der Sylvesterwoche 1899.

Camouflage?

Der verstorbene DDR-Regisseur und Präsident der Akademie der Künste, Konrad Wolf, mit dem ich über 20 Jahre und über Mauer und Grenze hinweg befreundet war, fragte mich einmal: "Warum erfindest du dir das Rad immer wieder neu?" Er meinte das allerdings im Hinblick auf meine Filme. "Mach’s doch wie Brecht: der hat Archetypisches, Altbekanntes, Altbewährtes neu formuliert, für unsere Zeit, für unsere Gesellschaft."

Märchen, Legenden, Werke anderer Autoren. Warum Ibsen überhaupt erwähnen, wenn Sie nur die ‘story’ verwenden?

Aus Respekt! Der Erfolg dieser - meiner - Volksfeind-Version gab mir Recht: Bisher über 400 Vorstellungen in sieben verschiedenen Inszenierungen und bei drei Tourneen auf den Bühnen von 146 Städten und Kommunen in der Bundesrepublik Deutschland, in Österreich, Liechtenstein, Luxemburg und in der Schweiz.

Gratulation! Ich lese hier Pressestimmen: "Kann man Ibsen verbessern? Oh ja, man kann!" (Südd.Rdfk.); "Ein Stück aus den Anfängen der Demokratie - heute immer noch aktuell! Das muß betroffen machen." ; "Volksfeind begeistert Publikum"; "Umweltdrama von Ibsen erschreckend real"; "Abgestaubtes Stück in neuem Glanz"; "Wunderbarer Abend des totalen Theaters"; "Eine Parabel vom Wert der Macht"; "Einer der besten Schauspielabende dieser Saison" (usw.)

Ein Kritiker schrieb allerdings: "Etikettenschwindel". Er hatte bei Ibsen nachgelesen und in meinem Volksfeind keinen einzigen Satz des Originals mehr gefunden. Den "Kreidekreis" von Klabund mit dem ‘Kaukasischen’ von Brecht zu vergleichen, schafft auch unnötige Irritationen.

Damit zu Erlers Revisor. Es gibt eine Schauspielversion, aber auch eine Version als 'Musical', oder etwas bescheidener ausgedrückt: 'Komödie mit Gesangseinlagen', Couplets, Duette, Terzette... freche, politische Texte nach den Melodien alter, russischer Volkslieder. War das die gleiche Methode? Erler benutzt die Idee und das Etikett, den Titel des Klassikers?

Ich liebe Gogol, das Original. Eine Biedermeier-Posse dieser Art ist eine hochgeachtete Antiquität, darüberhinaus unterhaltsam, weise, aber nur bedingt zeitlos. Dürrenmatt sagt: "Unserer Zeit kommt nur noch die Komödie bei...!" ‘Unserer Zeit, bitte!’ Über den Zusammenbruch des ‘Realen-Sozialismus’ keine Satire zu schreiben ist fast unmöglich. Da drängt sich Gogols ‘Revizór’ als Vehikel förmlich auf.

Erlers Revisor spielt im heutigen Russland und ein Freund und Kollege, der russische Autor Boris Levinow, diente als Informant über die bizarren Zustände in einem uns plötzlich so sehr nahe gerückten Nachbarland nach der ‘Wende’. Warum Russland? Warum nicht Neue Bundesländer?

Spielt denn 'mein' Revisor wirklich und ausschließlich nur in Russland? Oder vielleicht doch überall dort, wo nette, freundliche Bürger sich in Korruption üben, sich bereichern wollen und dabei unsäglich auf die Nase fallen? So wie in Gogols Original auch?

Jeweils nur ein einziges Bühnenbild für Ein Volksfeind und Der Revisor - und jeweils nur sieben, bzw. sechs handelnde Personen. Einheit des Ortes? Weise Selbstbeschränkung des Autors?

Ich komme damit der stolzen Armut unserer staatlichen, städtischen und privaten Bühnen hilfreich entgegen. Übrigens sind meine beiden Komödien "Die Orgie" und Die Zweitfrau unter ähnlichen, wirtschaftlich-günstigen Rahmenbedingungen angesiedelt.

Jeweils vier Personen in einer "hochmoralischen" bzw., einer "höchst-unmoralischen" Komödie, wie Sie im Untertitel augenzwinkernd schreiben - und dann noch der Zusatz: "um lüsternen Zeitgenossen einen Spiegel vorzuhalten". Sind Sie Moralist?

Ich fürchte, ja. Allerdings von der freigeistigen Sorte. Eine Begegnung der 'sexten' Art, bei der sich völlig fremde Ehepaare per Zeitungsanzeige zu eindeutigen ‘Wechsle-das-Bäumchen-Spielen’, zu einer Swinger-"Orgie" verabreden, erscheint mir weder unmoralisch noch pervers, sondern lediglich äußerst bizarr und grotesk.

Und bei der Zweitfrau plädieren Sie - laut Kommentar zum Stück - für ‘mehr Toleranz in den äußerst seltenen Fällen ehelicher Untreue’. Purer Hohn!

Es geht mir um die These: "Die Monogamie scheint im Schöpfungsplan nicht vorgesehen zu sein." Übersteigertes Besitzdenken in Partnerschaften führt zu unnötigem Frust bis hin zur Trennung. Welche Tragik! Übrigens - keine Sorge - beide Stücke sind Verwechslungskomödien.

Die "Orgie" hat es bereits auf über 300 Vorstellungen gebracht.

Die "Zweitfrau" ist hingegen noch jungfräulich und hofft auf eine baldige und erfolgreiche Defloration.

‘Last but not least’ - Erler schreibt ja noch und hat etliche, leider noch geheime Pläne - Plutonium. Sie nennen es ein ‘Dokumentarspiel’.

Der verstorbene Intendant des Meiniger Theaters, Ulrich Burkhardt, hat mich dazu inspiriert. Er war ja der Sohn eines Atomwissenschaftlers, eines Kernforschers. Das Thema sprang ihn daher förmlich an, wie er mir sagte. Plutonium, die Bombe in der Hand eines ‘Dritt-Welt-Landes’, ist eine Horrorvision und wird als Schlagzeile uns noch etliche Jahre in Atem halten. Zur Zeit aktuell: Indien und Pakistan.

Jürgen M.König hat eine bravouröse Inszenierung des Stücks auf die Bühne gebracht, die den Regie-Kollegen Erler, wie er bekennen musste, überrascht und begeistert hat.

Stimmt! Er hat im Vorfeld allerdings vorsichtig angefragt, ob er mit dem Spiel auch ‘spielen’ darf, frech und frei. Ich hatte absolut nichts dagegen. Ich war übrigens immer wieder hingerissen, wenn ich sah, wie andere Regie-Kollegen meine Stücke interpretierten und realisierten. Und bin auch auf künftige Inszenierungen neugierig und auf das ‘Wie’ höchst gespannt!